Der Kirchenhügel Hessenthal
Auf dem Hessenthaler Kirchhügel stehen heute 3 Kirchen: die kleine Gnadenkapelle mit dem Gnadenbild, dann die alte Wallfahrtskirche mit dem Echter-Epitaph und schließlich ein Neubau aus den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts mit ebenfalls bedeutenden Kunstwerken.
Die Kirchen waren ursprünglich mit einem Mauerring umgeben. Dieser diente dem Schutz des Kirchenvermögens und wahrscheinlich auch zur Verteidigung der Bevölkerung. Auf dem rechten Bild unten ist noch eine zugemauerte Schießscharte zu erkennen. Inzwischen wachsen aus der Außenmauer friedliche Königskerzen.
Die Gnadenkapelle Hessenthal
Im Mittelalter waren Wallfahrten ein bedeutender Wirtschaftszweig. Um eine Wallfahrt aufzubauen, brauchte es wie bei heutigen Neugründungen auch Erfindungsgabe und eine gewisse Anfangsinvestition:
Erfindungsgabe: Es wurde eine Legende erfunden und in Umlauf gebracht: Ein Ritter findet auf wundersame Weise eine Muttergottesstatue in einem Haselstrauch oberhalb von Hessenthal. Die Statue kann – so verbreitete man – Wunder bewirken und habe das auch schon mehrfach getan.
Wir sollten uns den Menschen damals nicht überlegen fühlen. Was früher eine hölzerne Figur gemacht hat, das können heute bei manchen Menschen Globoli oder Plazebos erreichen. Die Menschen glauben daran, aktivieren dadurch ihre Selbstheilungskräfte und werden geheilt.
Anfangsinvestition: Man brauchte nicht nur die Statue, sondern auch eine Kapelle, wo dann die Opfergaben und Geldspenden übergeben werden konnten. Selbstverständlich gab es auch Ablässe, die mit einer Spende wesentlich zuverlässiger wirkten als ohne.
In Hessenthal ist das Konzept aufgegangen. Die Wallfahrt florierte, die Kapelle wurde mehrfach neu gebaut – erst am Fundort und später dann am heutigen Platz Auch das Gnadenbild wurde im späten 15. Jahrhundert ausgetauscht. Das ursprüngliche ist verloren gegangen. Wunder konnte aber auch der Nachfolger wirken.
Die Bevölkerung profitierte von der Wallfahrt durch Verpflegung und Beherbergung der Pilger und durch den Verkauf von Dingen, die mehr oder weniger mit Wallfahrt zu tun hatten.
Die Wallfahrtskirche Hessenthal
Von der ehemaligen Wallfahrtskirche steht heute im wesentlichen nur der Chor. Der größte Teil des Langhauses wurde abgerissen, um Platz für einen Neubau (siehe unten) zu schaffen.
In der Wallfahrtskirche befindet sich als eindrucksvollstes Kunstwerk der mehr als 7 m hohe sogenannte Echter-Epitaph (Grabmal). Dargestellt sind außen die Eltern Peter III. Echter (links) und seine Frau Gertraud von Adelsheim (rechts). Zwischen beiden im Halbrund ihre 9 Nachkommen. Klein dargestellt und im Bild unten kaum zwischen ihren Schwestern zu sehen ist Maria, die mit 2 Jahren verstorben ist. Dritter von links im Bischofsornat ist Julius Echter (1545–1617) Er ließ als Fürstbischof von Würzburg dort u.a. das Juliusspital und die alte Universität erbauen.
Unter Peter III Echter wurde die Hofstätte „am Espelborn“ zu dem bis heute weitgehend unveränderten Wasserschloss Mespelbrunn ausgebaut.
Außen an dem Grabmal wird (stolz) die Abstammung der Eltern dokumentiert.
Der Neubau / Anbau der Wallfahrtskirche Hessenthal
Der Neubau aus den 50er Jahren des Letzten Jahrhunderts wird dominiert von einer Kreuzigungsgruppe des Mainzer Bildhauers Hans Backoffen. Sie ist aus Sandstein gefertigt und stand ursprünglich im Freien. Über den Kreuzen mit den beiden Verbrechern ist angedeutet, was mit ihren Seelen passiert: die eine fliegt in den Himmel und die andere wird vom Teufel geholt.
Direkt gegenüber dem Eingang etwas im Schatten steht ein Altar mit einem Frühwerk Tilman Riemenschneiders. Ob das Werk tatsächlich von ihm stammt, ist allerdings umstritten.
Verblüffende Ähnlichkeiten gibt es zwischen den Wallfahrtsorten Hessenthal und Kälberau. Beidemal wurde im 14. Jhd. in einem Busch eine Marienfigur gefunden, die Wunder bewirken konnte. Es entwickelte sich eine in jeder Hinsicht erfolgreiche Wallfahrt. Die beiden Kapellen mit dem Gnadenbild wurden zu Wehrkirchen ausgebaut. In den 1950er Jahren wurden die vorhandenen Kirchen durch eine moderne Erweiterung von dem Würzburger Dombaumeister Hanns Schädel ergänzt.
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