Die Kirchenburg und Wallfahrtskirche von Kälberau
Kälberau liegt im Kahlgrund und ist heute ein Stadtteil von Alzenau. Dominiert wird der Ort von der Wallfahrtkirche. Deren Geschichte geht bis in das 14. Jhd. zurück. Im Laufe der folgenden Jahrhunderte wurde sie zur Wehrkirche ausgebaut. Die Wehrmauern sind teilweise bis heute erhalten. Wallfahrten waren früher ein bedeutender Wirtschaftsfaktor. Nicht nur für die Kirche durch mildtätige Gaben der Pilger oder den Verkauf von Ablässen. Auch für die weltliche Herrschaft bzw. die Bevölkerung brachten die an den Wallfahrtstagen abgehaltenen Märkte Einnahmen und Wohlstand. Von den Märkten zeugt heute noch die Kälberauer Elle, die als verbindliches Maß an der Außenwand befestigt ist.
Kälberau: Wallfahrtskirche und Gnadenbild
Die Gründungslegende solcher Wallfahrtsorte ist immer ähnlich: in einem Busch oder einer Baumnische (Kälberau: ein Hollerbusch) wurde „durch Zufall“ eine Figur gefunden, die dann auch noch Wunder bewirken kann. Diese Fähigkeit sprach sich herum, Pilger kamen mit ihren Anliegen nach Kälberau und spendeten, um ihren Bitten Nachdruck zu verleihen. Noch heute wird die Figur in einer Gnadenkapelle ausgestellt.
Auffällig an der Figur ist ein Edelstein. Im 30jährigen Krieg soll ein Soldat auf die Madonna geschossen haben. Die Kugel prallte aber zurück und traf den Schützen tödlich. Das Einschussloch wurde dann mit dem Edelstein geschlossen.
Dass es im Zusammenhang mit Wallfahrten zu Wundern bzw. wunderbaren Heilungen kam. ist durchaus möglich. Denken wir an die heute von vielen benutzten und sogar von den Krankenkassen finanzierten Globoli. Sie enthalten unbestritten keinerlei naturwissenschaftlich nachweisbare Wirkstoffe. Trotzdem können sie bei denen, die an sie glauben, starke Selbstheilungskräfte freisetzen. Man könnte also Wallfahrten als die Globoli des Mittelalters bezeichnen.
Die moderne Kirchenerweiterung von 1957
Nach dem 2. Weltkrieg waren die vorhandenen Kirchen von Kriegsheimkehrern und Flüchtlingen übervoll und überall im Land wurden neue Kirchen gebaut bzw. es wurde angebaut. So auch in Kälberau. Zuständig war der damalige Dombaumeister des Bistums Würzburg, Hans Schädel. Sein moderner Stil hat damals nicht jedem gefallen und seine Kirchenneubauten wurden oft als „Schädelstätten“ verspottet. Die Erweiterung der Kälberauer Kirche ist jedoch ein großartiges Stück moderner Kirchenarchitektur. Leider auch ein sehr anfälliges. Schon im Sommer war der moderne Anbau längere Zeit wegen Baumaßnahmen geschlossen. Inzwischen gab es Probleme mit dem Betondach. Es gilt als einsturzgefährdet und deshalb ist der moderne Teil der Kirche für Besucher geschlossen (Stand Juni 2024).
Verblüffende Ähnlichkeiten gibt es zwischen den Wallfahrtsorten Hessenthal und Kälberau. Beidemal wurde im 14. Jhd. in einem Busch eine Marienfigur gefunden, die Wunder bewirken konnte. Es entwickelte sich eine in jeder Hinsicht erfolgreiche Wallfahrt. Die Kapellen mit dem Gnadenbild wurden zu Wehrkirchen ausgebaut. In den 1950er Jahren wurden die vorhandenen Kirchen durch eine moderne Erweiterung von Dombaumeister Hans Schädel ergänzt.
Die Kahlaue bei Kälberau
Links und Empfehlungen
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In der Nähe: Der Kahlgrund, Grube Wilhelmine